Intensiv irre und wahnsinnig witzig


Andy Strauß (Münster) solo im Bunker Ulmenwall

Wenn lange, wirre Haare und verdrehte Augen keine Angst machen sondern zum Lachen anregen. Wenn poppige und wahnwitzige Wortkunst im Jogginganzug und farbbespritzten Sportschuhen aus den 90ern daherkommt, dann ist Andy Strauß (30) aus Münster zu Gast.

Der Bühnenkünstler und Gewinner des dritten Bielefeler Hörsaalslams präsentierte sich am Montagabend im restlos ausverkauften Bunker Ulmenwall. Auf dem Rücken ein alter, abgeranzter Schultornister voller eigener Bücher, Kladden und Texte. Aus denen wollte er eigentlich vorlesen, doch dazu kam es zunächst nicht. Denn vorweg erzählte Strauß aus seinem vermeintlich wahren, etwas abseitigen, aber immer unterhaltsamen Leben.

Er verriet, warum er ein Geburtsarmbändchen mit dem Aufdruck »Hurensohn« trägt, warum er schon einmal in der Psychatrie war (als Maurer) und teilte das Publikum in Du, Sie und Es ein. Fast 20 Minuten zogen so ins Land, in denen die Besucher zwar keinen einzigen seiner Texte hörten, sich aber dennoch herzhaft unterhalten fühlten.

Danach bekam zunächst der Allgäu, die laut Strauß übelste Region der Bundesrepublik, ordentlich sein Fett weg. Denn wo Menschen entweder als Polizisten oder in der Gastronomie arbeiten, kann es nichts Gutes geben, so Strauß. Und dann, irgendwann, begann er doch zu lesen, leicht lispelnd, mit einer Zigarette (der Nebel des Übels) in der Hand und Geschichten aus dem Randgebiet des Vernunft.

Böse, vollgestopft mit schwarzem Humor und reichhaltig an sexuellen Anspielungen sind seine Erzählungen. Konjunktivierte LSD-Trips, fröhlich geschüttelte Jazz-Hands und Ingolfs Problem mit der befruchteten Eizelle in einer fremden Frau sind noch die nachvollziehbarsten seiner durchweg unterhaltsamen Erlebnisse. Fast möchte man ihm glauben, dass er tatsächlich schon einmal wegen Bluthochdruck neben Angela Merkel, die es ihrerseits laut Strauß an der Hüfte hat, ohnmächtig und anschließend von einem Kehrwagen der Stadtreinigung gereinigt wurde.

War der erzählerische Wahnsinn für viele Besucher bis Montagabend noch gesichtslos, hat sich ihnen nun mit Sicherheit das Antlitz des Münsteraners tief eingebrannt. Andy Strauß ist eine irre Marke, ein moderner Rock- und Popstar der Bühnen-Poesie. Am Montag konnte er die Besucher des Bunker Ulmenwall für zwei Stunden in seine einzigartige Welt hineinziehen – und ihnen damit mächtig viel Freude bereiten.