Ich hatte die große Ehre, bei den Deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam den Detmolder Cup der guten Worte zu vertreten und mit August Klar als Rabatt auf Alienzubehör im Teamwettbewerb zu starten. Man zwang mich Tagebuch zu führen:
Mittwoch: August ist unzufrieden. Er hat keinen Platz mehr im Lektora-Mobil bekommen. Da die Radiosender mit steigender Südlichkeit an Mark Forster und Clueso zunehmen, legt Karsten fest, dass Musik seit den 2000ern in einer schweren Krise steckt. Eva, unsere Paderborner Starterin, widerspricht – die Atmosphäre ist angespannt. Am Grenzübergang erfahren wir Denise‘ Zwischennamen – die Atmosphäre gleicht einem Geburtstag.
Im Hotel angekommen dann Wiedersehensfreude, Vorfreude, Hotelfreude. Es ist ein exorbitantes Klassentreffen. Das Hotel ist top, liegt zentral an den kulinarischen Hotspots und Veranstaltungsorten und ich erfahre, dass ich in einem völlig anderen Hotel untergebracht bin. Nach zwei Gewaltmärschen erreiche ich meinen Vorrundenort, das Plaza. Perfekte Location, perfektes Line-Up, perfekte Moderation, perfekter Tag für meinen perfektionierten Text!
August ist unzufrieden. Ich habe Startplatz 2 bekommen, der Techniker hatte einen kleinen Aussetzer, der Modus ist maximal halb geil. Andere kommen verdient weiter, ich aber zeitlich nicht mehr zur anderen Vorrunde. Drücke die Daumen vor dem Liveticker mit Curry und Schweizer Bier. Schweizer Bier ist ein bisschen wie Schweizer Münzen. Man erkennt nicht immer so ganz, was es überhaupt ist, und ärgert sich, es gegen Euros eingetauscht zu haben.
Donnerstag: August ist unzufrieden. Mehrere verwirrende Whatsapp von Jan Schmidt wecken uns in einem zu pärchenorientierten Doppelzimmer. Wir müssen unseren Teamtext „August stirbt“ proben. Ich mag ihn etwas lieber als August. Aber er lässt es sich nicht anmerken, die Vorfreude darüber, dass es E-Roller an der Rezeption gibt, überwiegt. Verkehrsregeln neu definierend cruisen wir durch die Zürcher Innenstadt zum Team Halbfinale. Viele Slammende sind extra unseretwegen gekommen, der Druck steigt. August ist unzufrieden. Seine Angst, dass der Text zu bizarr oder lang ist, verfliegt zum Glück während des Auftritts. Was dort passiert, ist wahrscheinlich das Beste, woran ich jemals auf einer Bühne beteiligt war. Man jubelt uns ins Finale! August ist unzufrieden. Wir haben noch keinen Finaltext… Feiern müssen wir dennoch. Songslam, Gratulationen, ausufernde Gespräche, Ablachen, Pfeffi; anbei eine Liste, wer alles mit wem rumgemacht hat.
Freitag: August ist zufrieden. Spaß. Er hat den Songslam gewonnen, seine Slam-Helden kennen gelernt und konnte nichts davon genießen, weil er zu viel Cola getrunken hatte. Alle sind heute beim Fußballspiel. Gut für uns. Aus unserem Zimmer dröhnen wirres Gelächter, zu strenge Anweisungen meinerseits und Sprints gegen Möbel. Das Zimmer qualmt. Habemus Finaltext.
August ist unzufrieden. Er ist komplett platt und muss gleich auf der Bühne vor 1600 Leuten und Fernsehkameras den Affen machen, für seine Beatbox-Skills ausgelacht werden und die Bühne auf- und abrennen. Unser Auftritt irritiert viele, einige positiv. Jan Cönig weint. Wir lassen Interrobang, Kirmes Hanoi und MfG den Vortritt fürs Stechen. Zum Glück. Da hätte es uns ordentlich verdroschen; krasses Finale, das Interrobang gewinnen. Feierabend.
Samstag: Zürich stellt sich als schöner heraus als auf den ersten Blick, der HSV gewinnt verdient in Aue und Jophi Kindler noch verdienter den Einzelwettbewerb. Mir bleiben große Momente, ein fetter Dank an das Orgateam und ein Bier, das Fabian Navarro mir noch schuldet. August ist zufrieden! Ich auch.
-„Jann Wattjes“